KK_Portrait

bvob: Hallo Katja. Du bist Verbandsmitglied der ersten Stunde. Was begeistert Dich am bvob?

KK: Was mich begeistert ist, dass ich hier im Verband viele interessante Menschen kennen gelernt habe, mit denen ich mich austauschen kann.
E-Learning ist ja ein weites Feld in dem es täglich, ja fast stündlich neue Ideen, Projekte und Tools gibt. Da ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Der Austausch mit den Verbandskolleginnen – und den wenigen Kollegen – ist wichtig für mich, um auf dem Laufenden zu bleiben, vor allem weil mir hier niemand etwas verkaufen will und auch mal Dinge zur Sprache kommen, die man „offiziell“ so nicht erfährt.

bvob: Du bist Expertin für Webinare. Wo liegen die Potenziale von Webinaren im E-Learning ?

KK: Die Potenziale, die Webinare haben, werden meiner Erfahrung nach noch erheblich unterschätzt. Was fällt Ihnen denn ein, wenn Sie an ein Webinar denken? Ein spannender Workshop oder eher ein langweiliger Vortrag?
Ich benutze ich den Begriff „Webinar“ jetzt mal als Synonym für Web-Konferenzen, eSeminare, Web-Workshops und alle Veranstaltungen, die live und online stattfinden. Webinare boomen. Der Boom kommt allerdings nicht aus dem E-Learning- sondern aus dem Marketing. Webinare haben Ihre Wurzeln in der „Virtuellen Kaffeefahrt“, als Online-Verkaufsveranstaltungen. Und das merkt man auch vielen E-Learning-Webinaren immer noch an. Leider sind es oft reine Online-Vorträge ohne angemessenes mediendidaktisches Konzept.
Das Potenzial von Webinaren ist schier unermesslich. Die größten Vorteil sehe ich in der Kombination von Webinaren mit anderen Formen des selbstgesteuerten Lernens in räumlich verteilten Teams. Webinare dienen dann nicht in erster Line zur Wissensvermittlung, sondern zur Reflexion, Diskussion und zum Erfahrungsaustausch verteilter Lernteams.
Ein weitere Potenzial liegt im Coaching und der Zusammenarbeit virtueller Teams. Aber das ist für die Online-Bildung ja nur ein Randthema.

bvob: Was ist nach Deiner Erfahrung der entscheidende Erfolgsfaktor für professionelle Webinare?

KK: Entscheidend ist eine webinar-gerechte Aufbereitung der Präsentation sowie didaktisch sinnvolle Interaktionen. Die Rahmenbedingungen in einem Webinar sind für Referenten und Teilnehmer ganz andere als in einer  „Vor-Ort“-Situation.
Das merkt jeder, der schon einmal bei einem Webinar dabei war. Im Webinar steuern Folien und Sprache die Aufmerksamkeit – und nicht die Körpersprache. Das beachten die meisten Webinar-Referenten nicht ausreichend.
Dass die Technik reibungslos funktionieren muss ist für mich selbstverständlich – aber sei dann hier doch noch erwähnt. Vor allem eine „rauschfreie“ Sprachübertragung ist wichtig. Wer Echo, Pfeifen oder Knarren im Ohr hat, kann nicht konzentriert zuhören. Deshalb empfehle ich im Zweifel eine Telefonkonferenz für die Sprachübertragung – auch wenn manche das für „altmodisch“ halten mögen. Es gibt kaum etwas nervigeres im Webinar als das ständige „Haaaalloooo – können Sie mich hören?“  – egal ob im Chat oder auf den Ohren!

bvob: Gibt es ein aktuelles Projekt, von dem Du uns berichten möchtest?

KK: Mein aktuelles Lieblingsprojekt ist „Clever durch das Netz“ – ein Modellprojekt des Landes Rheinland-Pfalz. Es geht um „virtuelle Existenzgründungsberatung für Frauen“.
Bei dem Projekt machen 17 Frauen mit, die ein eigenes Unternehmen gründen möchten. Der Projektslogan „Klick für Klick in die Selbstständigkeit“ gefällt mir besonders gut, weil er so zu sagen meine eigene Unternehmensgründung  im Twitter-Format wieder gibt (obwohl er nicht von mir stammt).
An dem Projekt „Clever durch das Netz“ begeistert mich am meisten, dass die Frauen von Woche zu Woche und wirklich von Klick zu Klick ihre eigenen Potenziale entdecken. Sie werden aktiver in den Webinaren, schreiben mehr und mehr auf der Lernplattform und trauen sich immer mehr zu.
Außerdem entdecken sie auch andere Webinar-Angebote für sich und trauen sich zunehmend, auch daran teilzunehmen. Das erschließt den Frauen, die oft in recht idyllischen und wunderbaren, aber doch recht abgelegenen Eifeldörfern leben, ganz neue Weiterbildungschancen!

bvob: Wo steht Deiner Meinung nach die Online-Bildung in 5 Jahren?

KK: Oh – eine schwierige Frage. In so langen Zeiträumen denkt doch heute kaum noch jemand. Ich bin selbst sehr gespannt inwieweit sich das selbstgesteuerte informelle Lernen zur Normalität wird oder wir in der beruflichen Aus- und Weiterbildung nicht doch weiterhin klare Lernziele und Curricula vorgeben werden müssen. Ganz egal, auf welchem Weg die Menschen dann die nötigen Qualifikationen erreichen.
Ich stelle mal die These auf, dass in der berufliche Aus- und Weiterbildung Wissens- bzw. Informationsvermittlung von Mensch zu Mensch zunehmend verschwindet – also das klassische Seminar, wo ein Menschen vielen anderen etwas erläutert. Statt dessen werden  innovative und flexible e-Learning-Konzepte mit selbstgesteuerte Lernmethoden alltäglicher werden. Webinare werden dann einen festen Platz als Diskussionsraum, für Erfahrungsaustausch, zur Lernbegleitung von verteilten Lerngruppen haben.
Mal sehen, ob das so oder so ähnlich werden wird. Es bleibt jedenfalls ein sehr spannendes Feld!

bvob: Katja, wir danken Dir für dieses sehr informative Gespräch!